Blog»Baurecht»Bauträgerverträge - Baufortschrittsraten

Bauträgerverträge - Baufortschrittsraten

Bauträgerverträge sind nach der gesetzlichen Vorgabe des § 3 Abs. 2 Makler und Baurträgerverordnung so gestaltet, dass der Kaufpreis für eine noch zu errichtende Immobilie gestaffelt ist nach dem vom Bauträger geleisteten Baufortschritt.
Wir erklären, welche raten wann fällig werden:

Tuesday, 09 September 2014 | | | | Kommentieren !
Bauträgervertragsrecht
Bauträgervertragsrecht (c) www.iconmonster.com

Warum schreibt die Makler- und Bauträgerverordnung Raten vor ?

Zum einen baut der Bauträger von dem Geld des Erwerbers ein Gebäude. Das zu bebauende Grundstück gehört aber (noch) nicht dem Erwerber. Das errichtete Gebäude, die verbauten Baumaterialien gehen dabei nach § 946 BGB in das Eigentum des Grunstückseigentümers über. Der Erwerber, der den Bau "bezahlt", wird aber noch kein Eigentümer. Er erhält also zunächst noch keine Gegenleistung.

Zweitens trägt der Erwerber ein erhebliches wirtschaftliches Risiko: Bezahlt er den vollen Kaufpreis an den Bauträger und fällt dieser in Insolvenz, verbliebe ihm nicht viel als ein rudimentär errichteter Rohbau und einen wertlosen Anspruch, eine Insolvenzforderung beim Insolvenzverwalter anmelden zu können.

Die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) will hier einen Interessenausgleich herstellen, indem der Bauträger nur Raten abfordern darf, die auch dem tatsächlich erreiten Bautenstand entsprechen.

Der Ratenplan des § 3 Abs. 2 MaBV enthält die folgenden Teilbeträge:

 I.

30 % der Vertragssumme sind zu zahlen, wenn dem Erwerber das Eigentum an einem Grundstück übertragen werden soll.
Zu unterscheiden ist, dass die erste Rate lediglich 20 % der gesamten Vertragssumme beträgt, wenn dem Erwerber lediglich ein Erbbaurecht an dem zu bebauenden Grundstück bestellt oder übertragen wird.

Das Gesetzt teilt dann die restliche Vertragssumme in weitere Einzelraten auf. Insofern beziehen sich die in dem Gesetz genannten Prozent- Werte nicht auf die gesamte Vertragssumme, sondern auf die Restssumme nach Abzug der ersten genannten Rate, die entweder 30 % oder 20 % der Vertragssumme ausmacht.

Für den Regelfall, dass mit dem Bauträgervertrag echtes Eigentum an dem Grundstück erworben wird, gelten somit folgende Gesamtraten, die sich nach der gesamten Vertragssumme richten.

II.

1.) Die erste Rate (30 % oder 20 % der Vertragssumme) wird fällig, wenn mit den Erdarbeiten begonnen wurde. Dies ist der Fall, wenn der Mutterboden abgetragen wurde.

2.) Die zweite Rate wird mit 28 % der Vertragssumme fällig nach der Fertigstellung des Rohbaues, einschließlich Zimmerarbeiten. Dies ist der Fall wenn alle Maurer- Erd- und Betonarbeiten einschließlich der Zimmererarbeiten ausgeführt sind. Dazu gehört zum Beispiel der Einbau von nicht tragenden Zwischenwänden, die Erstellung der Treppen und des Schornsteines.
Die Dacheindeckung muss noch nicht fertig gestellt sein, da sie Gegenstand der dritten weiteren Rate ist.

3.) Die nächste Rate in Höhe von 5,6 % der gesamten Vertragssumme wird fällig mit der Herstellung der Dachflächen und der Dachrinnen.

4.) Die vierte Rate in Höhe von 2,1 % der Vertragssumme wird fällig für die Rohinstallation der Heizungsanlagen. Erforderlich hierfür ist der komplette Einbau einer funktionstüchtigen Heizungsanlage. Es genügt nicht, dass lediglich Heizungsrohre und Heizkörper installiert wurden. Das System muss vielmehr funktionsgerecht angeschlossen und betriebsbereit sein. Allerdings müssen die verlegten Heizungsrohre noch nicht verputzt sein.

5.)/6.) Für die folgenden fünfte und sechste Raten von jeweils 2,1 % gilt das gleiche wie für die Rohinstallation der Heizungsanlagen. Sie werden für die Installation der Sanitäranlagen und Elektroanlagen fertig und erfordert ebenfalls deren Funktionsgerechten einbaus.

7.) Die siebte Rate wird  mit 7 % der Vertragssumme fällig, wenn sämtliche Fenster einschließlich Verglasung eingebaut sind.

8.) Die achte Rate in Höhe von 4,2 % wird für den Innenputz fällig. Ausgenommen sind ausdrücklich Beiputzarbeiten, die später erledigt werden können.

9.) Die neunte Rate wird mit 2,1 % der Vertragssumme für den fertig gestellten Einstrich fällig.

10.) Die zehnte Rate in Höhe von 2,8 % wird fällig, nach dem die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich erledigt sind.

11.) Gerne streiten sich die Parteien über die elfte Rate, die 8,4 % der gesamten Vertragssumme ausmacht. Sie wird nach Bezugsfertigkeit fällig, wenn Zug um Zug der Besitz der erworbenen Immobilie übergeben wird.
Der Bauträger hat regelmäßig ein Interesse daran, dass diese auch von ihrem Volumen her nicht unerhebliche Rate möglichst zeitnah fällig gestellt wird, sodass vielfach zu erleben ist, dass der Bauträger die Erwerber zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in das Bauobjekt „hereinkomplimentiert“. Diese Phase ist für den Erwerber vielfach deswegen sensibel, weil er zeitgleich noch laufende Mietverträge aufkündigen und seinen Umzug organisieren muss, um unnötige „doppelte“ Mietzahlungsraten zu vermeiden.
Allerdings ist hier Vorsicht geboten:
Stellt sich später heraus, dass das Objekt zum Zeitpunkt des Einzuges noch nicht „bezugsfertig“ im rechtlichen Sinne war, und noch Mängel oder bauliche Unfertigkeiten vorhanden sind, fällt es regelmäßig schwer, gegenüber dem Bauherrn oder einem später angerufenen Gericht zu argumentieren, dass eine Bezugsfertigkeit noch nicht gegeben war oder ist, wenn das Haus oder die Wohnung gleichwohl bereits faktisch bezogen wurde.

Um Streitigkeiten zu vermeiden, kann es für den Bauherren ratsam sein, wenn er sich zur Feststellung der Bezugsfertigkeit, wie auch sonst für jede zwischen Abnahme des Objektes einen Fachmann zu Rate ziehet. Hierzu können regelmäßig Architekten oder Bausachverständige auf Stundenhonorarbasis engagiert werden.

Ebenfalls kann es für den Bauherren ratsam sein, wenn er bei einem für ihn nicht mehr vermeidbaren Einzug ausdrücklich einen Vorbehalt hinsichtlich der Bezugsfertigkeit in schriftlicher Form erklärt. Wenn in der Rechtsprechung anerkannt wird, dass das beziehen einer teilfertig gestellten Immobilie nicht zwangsweise auch deren Fertigstellung oder Abnahmefähigkeit bestätigt, weil der Bauherr lediglich aus äußeren Zwängen heraus sein Objekt vorzeitig bezieht. In Zweifelsfällen kann auch der Rat eines fachkundigen Rechtsanwaltes eingeholt werden.

12.) Die zwölfte Rate wird für die Fertigstellung der Fassadenarbeiten in Höhe von 2,1 % fällig und die dreizehnte Schlussrate nach vollständiger Fertigstellung des Objektes.

Zu beachten ist insgesamt, dass bei Eigentumswohnungen Besonderheiten bestehen.
Im Bereich des Wohnungseigentums muss unterschieden werden zwischen Sondereigentum und Gesamteigentum. Der Erwerber einer Eigentumswohnung kann regelmäßig nur Bauarbeiten und Teilfertigstellung im Bereich seines Sondereigentums abnehmen.
Der wesentliche Teil des Objektes, so die tragenden Wände, die Zwischendecken und das Dach sind zwingendes Gemeinschaftseigentum. So ist auch die Zentralheizung und die Haupt- Heizungssteigleitungen Gemeinschaftseigentum.
Hier muss eine Abnahme durch die Eigentümergemeinschaft erfolgen. Dies hat wiederum Auswirkungen für die Fälligkeit der oben dargestellten Raten nach Baufortschritt.

13.) Die dreizehnte Schlussrate für die vollständige Fertigstellung des Objektes verlangt, dass das errichtete Haus nicht nur fertig gestellt, sondern keine wesentlichen Mängel mehr vorhanden sind. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob verbliebene Restmängel unwesentlich oder wesentlich sind.

Generell ist darauf hinzuweisen, dass die Fertigstellung der oben benannten Teilabschnitte immer verlangt, dass diese abnahmefähig im Sinne des § 640 BGB sind. Abnahmefähigkeit bedeutet, dass die Bauleistung bis auf geringfügige Mängel oder restliche Arbeiten erbracht ist. Generell ist dabei eine Bauleistung abnahmefähig, wenn sie den anerkannten Regel der Baukunst und den vertraglichen Abreden entsprechend errichtet wurde.

Zu prüfen ist ferner nach dem Vertragswerk, ob für die Fertigstellung der oben genannten Teilraten auch förmliche Teilabnahmen erforderlich sind, wobei darauf zu achten ist, dass die im Vertrag genannte Form, möglicherweise Schriftform, eingehalten wird.


Gelesen 22146 mal
Letzte Änderung am Tuesday, 07 March 2023 14:24
Artikel bewerten
(1 Stimme)
Gerhard Ostfalk

This email address is being protected from spambots. You need JavaScript enabled to view it.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Bitte achten Sie darauf, alle Felder mit Stern * zu füllen. HTML-Code ist nicht erlaubt.

Hinterlassen Sie einen Kommentar
Ring Kölner Fachanwälte