Mit der Erfüllung der Abfindung im Rahmen des Vergleichs sollten alle wechselseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund erledigt werden.
Erst im Nachhinein kam der Arbeitnehmer auf die Idee, weitere Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber über den abgeschlossenen Abfindungsvergleich hinaus geltend zu machen. Er verlangte rückwirkend nicht angetretenen Urlaub aus vorangegangenen Jahren mit 10.656,72 € abzugelten.
Abfindungsvergleich – kein Nachkarten des Arbeitsnehmers
Nachdem das Arbeitsgericht in erster Instanz die Klage des Arbeitnehmers zunächst abgewiesen hatte, hat das in zweiter Instanz angerufene Landgericht dem Kläger zum Teil Recht gegeben und ihm 6.443,60 € zugesprochen. Grund für diesen Zuspruch gab die rechtliche Überlegung, dass auf gesetzliche Urlaubsansprüche verzichtet werden könne.
BAG: auf Resturlaub kann im Rahmen der Abfindung verzichtet werden
Die vom Arbeitgeber eingelegte Revision vor dem Bundesarbeitsgericht führte aber zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die mit dem Abfindungsvergleich vereinbarte Abfindung abschließend ist. Mit der Erledigungsklausel des gerichtlichen Vergleichs hat der Arbeitnehmer auch auf eine mögliche Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs verzichtet. Ausdrücklich stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass der Arbeitnehmer, wenn er die Möglichkeit hat, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen, aber davon absieht, auf eine Urlaubsabgeltung wirksam verzichten kann.
Pressemitteilung Nr. 33/13 des Bundesarbeitsgerichts
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.05.2013 -9 AZR 844/11-
Rücktritt von Abfindungsvereinbarung
Mit einer weiteren Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wird ausgeführt, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit behält, von einer Abfindungsvereinbarung zurückzutreten, wenn die Abfindungszusage durch den Arbeitgeber nicht erhalten wird.
Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde bei der der Arbeitnehmer, nachdem er zunächst eine Aufhebungsvereinbarung gegen Zahlung einer Abfindung unterzeichnet hatte, auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses klagte.
Der Arbeitgeber hatte die Abfindung trotz einer ihm gesetzten Frist nicht gezahlt, woraufhin der Arbeitnehmer von dem Aufhebungsvertrag zurücktrat. Nachdem der Arbeitgeber in der Folge in Insolvenz fiel und das Arbeitverhältnis im Wege eines Betriebsüberganges auf einen neuen Arbeitgeber übergegangen war, verlangte der Arbeitgeber die Feststellung dass das Arbeitsverhältnis durch die Aufhebungsvereinbarung nicht beendet wurde und die neue Firmeninhaberin nach dem Betriebsübergang in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis eingetreten ist.
Der Arbeitnehmer bekam vor den Arbeitsgerichten in der ersten Instanz und in der zweiten Instanz Recht.
BAG: kein Rücktritt von Anfindungsvereinbarung bei Insolvenz des Arbeitgebers
Das Bundesarbeitsgericht versagte dem Arbeitnehmer aber sein Recht aus insolvenzrechtlichen Gründen. Die Vorraussetzung für einen Rücktritt nach § 123 Abs. 1 BGB lagen nach der Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht vor, da zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Abfindungsanspruch nicht durchsetzbar war. Denn das
Insolvenzgericht hatte dem Arbeitgeber untersagt, die Abfindung zu bezahlen.
Der ehemalige Arbeitgeber durfte die Abfindung aufgrund einer Anordnung des Insolvenzgerichts nicht an den Arbeitnehmer zahlen und selbst wenn der Arbeitnehmer die Abfindung erhalten hätte, wäre diese Leistung alsbald wegen § 143 Abs. 1 Insolvenzordnung wegen Anfechtbarkeit der Abfindungszahlung zur Insolvenzmasse des Insolvenzverfahrens zu geben gewesen.