Denn was Gerechtigkeit ist, so liest man unter anderem in Arthur Kaufmann, Grundprobleme der Rechtsphilosophie, 1994, Seite 140, lässt sich nicht – noch weniger als Rechtsbegriff – in einer exakten, abschließenden Definition sagen. Unter Wikipedia werden alleine 29 philosophische Gerechtigkeitstheorien aufgelistet.
Ungeachtet der vielen Theorien scheint mir die Gerechtigkeit eine Konstruktion verschiedener Elemente zu sein.
Ein Kern der gerechtigkeit ist die Gleichheit
Ein Kern der Gerechtigkeit ist die Gleichheit, wobei man sodann gleich die Frage stellen muss, was im Rahmen der Gerechtigkeit gleich sein soll und was mit welchem dabei zu vergleichen ist. Kommt es z.B. auf eine formale Gleichheit an, oder gibt es eine verhältnismäßige Gleichheit? Das möchte ich hier nicht näher erläutern.
Aber – so führt Kaufmann weiter aus – die Gleichheit ist nicht das Ganze der Gerechtigkeit.
Weil das Gleichheitsprinzip aber nur von formaler Natur ist, bedarf es eines weiteren materialen Prinzips.
Neben dem Prinzip der Gleichheit ist ein Zweckmäßigkeitsprinzip erforderlich
Unter anderem Gustav Radbruch hat neben das Prinzip der Gleichheit ein weiteres Prinzip der Zweckmäßigkeit gestellt. Zweckmäßig kann dabei der Aspekt der Rechtssicherheit und/oder der Durchsetzbarkeit des Rechtes sein.
Übertragen auf den modernen Rechtsstaat bedeutet das für mich, dass es nicht nur vorrangiges Ziel einer gerechten Rechtsordnung sein kann, formale Gleichheit zwischen zwei streitenden Parteien herzustellen oder durch ein Strafurteil eine aus dem Gleichgewicht geratene Gleichheit wieder herzustellen.
Mindestens genauso wichtig ist es in einem Rechtsstaat, dass endgültige Entscheidungen getroffen werden , die einen Schlussstrich ziehen, auf die sich die Bürger verlassen können. Mit anderen Worten auch nach zwei oder gar drei gerichtlichen Instanzen bleibt es irgendwann bei einer Entscheidung, die Rechtskräftig wird, auch wenn sie am Ende eine absolute Gleichheit nicht herstellen konnte. Die betroffenen Parteien, aber auch die Rechtsordnung kann sich aber auf das Ergebnis dieser Rechtsfeststellungen verlassen. Dieses Prinzip der Rechtssicherheit folgt Zweckmäßigkeitskriterien, die neben dem Prinzip der Gleichheit wichtig sind.