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Betriebskosten und Einwendungsrecht des Mieters

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 10.10.2007 gleich zwei zentrale Fragen beantwortet, die immer wieder im Zusammenhang mit Betriebskostenabrechnungen auftauchen.

1.) Ändert sich der Mietvertrag, wenn der Vermieter über Jahren unbeanstandet über einzelne Betriebskostenpositionen Nebenkostenabrechnungen erteilt und der Mieter diese Abrechnungen ausgleicht?

2.) Kann sich der Mieter auch nach Ablauf der gesetzlichen Rügefrist von einem Jahr gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB noch darauf berufen, dass der Vermieter Betriebskostenpositionen abgerechnet hat, die nach dem Mietvertrag nicht umlagefähig sind?

Friday, 03 January 2014 | | | | Kommentieren !
Betriebskosten - welche Einwendungsrechte hat der Mieter
Betriebskosten - welche Einwendungsrechte hat der Mieter (c) Ostfalk

(1) Der Bundesgerichtshof stellt zunächst klar, dass ein Änderungsvertrag, der eine erweiterte Umlage von Betriebskosten zum Gegenstand hat, zwar grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen kann (BGH Urteil vom 07.04.2004 – VIII ZR 146/03 - ).
Erforderlich ist dafür aber, dass der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, dass der Mieter einer Umlage weiterer Betriebskosten zustimmt.

Der Mieter muss also erkennen, dass sich die Vertragsstruktur ändert.

Dafür reicht es grundsätzlich nicht aus, dass der Mieter die Betriebskostenabrechnungen lediglich nicht beanstandet.
Vielmehr sind dafür besondere Anhaltspunkte erforderlich, die für den Mieter deutlich machen, dass eine Vertragsänderung gewollt war.

Dies hatte der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 29.05.2000, Aktenzeichen – XII ZR 35/00 – angenommen, nachdem der Erwerber eines Gewerberaumes als neuer Vermieter in das alte Vertragsverhältnis eingestiegen war und ab diesem Zeitpunkt für den Mieter erkennbar den Betriebskostenkatalog erweitert hat. Dagegen hatte der Alteigentümer zuvor lediglich die Kosten für Heizung und Warmwasser auf den Mieter umgelegt. In diesem Fall hatte der Bundesgerichtshof besondere Anhaltspunkte angenommen, die dem Mieter deutlich machten, dass er mit dem stillschweigenden Ausgleich der neuen Betriebskostenabrechnungen auch einer Änderung der Vertragsstruktur zustimmt.

Wenn aber keine solchen besonderen Umstände der geschilderten Art vorliegen, kann sich der Mietvertrag durch stillschweigendes Verhalten der Vertragsparteien nicht ändern
(BGH, 10.10.2007, Aktenzeichen – IX ZR 279/06 - ).

(2) Nachdem der Bundesgerichtshof geklärt hat, dass durch stillschweigenden Ausgleich einer Betriebskostenabrechnung des Vermieters keine Vertragsveränderung eintritt, war zu prüfen, ob demgegenüber der Mieter zuviel bezahlte Betriebskosten vom Vermieter zurückverlangen kann.

In dem vom Gericht beurteilten Fall hatte der Vermieter Betriebskostenpositionen auf den Mieter umgelegt, die nach dem Mietvertrag nicht umlagefähig waren. Der Mieter, der die Betriebskostenabrechnungen zunächst ausgeglichen hat, forderte die überzahlten Beträge später zurück.

Aber auch dies hat der Bundesgerichtshof verneint. Denn nach § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB hat der Mieter Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung innerhalb eines Jahres nach Zugang der Abrechnung dem Vermieter mitzuteilen. Nach Ablauf dieses Jahres ist er mit Einwendungen ausgeschlossen und in der Folge wird die Betriebskostenabrechnung des Vermieters für den Mieter verbindlich.
Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter über Betriebskostenpositionen abgerechnet hat, die nach dem Vertrag nicht umlagefähig sind.

Ausdrücklich stellt der Bundesgerichtshof fest:  Nach Ablauf der gesetzlichen 12 Monatsfrist kann der Mieter Einwendungen grundsätzlich nicht mehr geltend machen. Davon werden auch solche Einwendungen erfasst, die sich gegen eine formell ordnungsgemäße Abrechnung richten und nur darauf beruhen, dass es für einzelne Betriebskosten an einer vertraglichen Vereinbarung über deren Umlage fehlt. Dies gilt für solche Abrechnungspositionen, die nach der gesetzlichen Vorschrift des § 556 Abs. 1 BGB grundsätzlich umlagefähig sind.

Fazit, für den Mieter bedeutet das:

Hält sich der Vermieter an den gesetzlichen Betriebskostenkatalog des § 556 Abs. 1 BGB und überschreitet er nur die mietvertragliche Umlagevereinbarung, muss der Mieter, wenn er Einwendungen erheben will, dies innerhalb eines Jahres gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB tun. Erhebt er seine Einwendungen nicht fristgerecht, muss er bezahlen.

Für den Vermieter bedeutet das:

Will der Vermieter Betriebskostenpositionen auf  den Mieter umlegen, für die im Mietvertrag keine Regelung existiert, so kann er entweder versuchen, mit dem Mieter eine Vertragsänderung zu vereinbaren, oder er baut darauf, dass der Mieter innerhalb eines Jahres keine Beanstandungen erhebt. Allerdings begründet eine rügelose Zahlung des Mieters kein Vertrauen für die Zukunft.

BGH, Urteil vom 10.10.2007, Aktenzeichen – VIII ZR 279/06 -


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Letzte Änderung am Tuesday, 07 March 2023 14:23
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Gerhard Ostfalk

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