Damit die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht völlig handlungsunfähig wird, hat der Gesetzgeber mit Art. 2, § 6 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (COVID-19-FAG) zwei Maßnahmen angeordnet:
Zum einen soll der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleiben.
Zum anderen soll der jeweils zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplanes fortgelten. Der Wortlaut der Vorschrift lautet wie folgt:
(1) Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt.
(2) Der zuletzt von den Wohnungseigentümern beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschlusseines neuen Wirtschaftsplans fort.
Damit kann die Praxis sicherlich in den meisten Fällen arbeiten. Die Liquidität der Gemeinschaft ist insbesondere mit der Fortgeltung des Wirtschaftsplanes in der Praxis weitgehend gesichert.
Allerdings ist der Wortlaut des Gesetzes nicht ganz unproblematisch.
Was passiert, wenn der Verwalter gar nicht mehr Verwalter bleiben will?
Der Wortllaut des Gesetzes sagt: "... der zuletzt bestellte Verwalter ...". Damit bliebe auch derjenige Verwalter, der sein Amt bereits abgeben wollte und garnicht mehr Verwalter sein will.
Der Verwalter soll aber sein Amt dennoch niederlegen können.
Dann müsste die Gemeinschaft trotz corona-bedingter Versammlungsbeschränkungen einen neuen Verwalter wählen, um nicht Handlungsunfähig zu werden.
Vorsicht ist im Hinblick auf die Fortgeltung des Verwaltervertrages geboten. Das Gesetz verlängert nur die organschaftliche Bestallung als Verwalter. Der Verwaltervertrag wird damit aber nicht automatisch mit verlängert. Der Verwalter ist damit handlungsfähig, kann sich aber nicht automatisch auf Befugnisse oder Rechte aus dem Verwaltervertrag berufen. Ob ihm eine ergänzende Vertragsauslegung helfen kann, sich auf die Fortgeltung der Regelungen des Verwaltervertrages berufen kann, ist nach dem Einzelfall zu beurteilen und wird im Zweifel durch die Gerichte zu klären sein.
Und welche Möglichkeiten hat die Gemeinschaft, wenn in einem solchen Falle gehandelt werden muss ?
Nach wie vor besteht die Möglichkeit, dem Verwalter oder einem Beiratsmitglied oder einer sonstigen Person, die sich für die Teilnahme an einer Versammlung bereit erklärt, eine Vollmacht zu erteilen. Zu achten ist auf eventuelle Vorgaben der Teilungserklärung. In manchen Teilungserklärungen ist der Personenkreis eingegrenzt, auf den eine Versammlungsvollmacht übertragen werden kann. Zumeist sind das Ehepartner oder andere Wohnungseigentümer. In jedem Fall kann der Verwalter bevollmächtigt werden. Mindestens einer dieser Personen kann eine Vollmacht erteilt werden.
Mithilfe solcher Vollmachten, kann theoretisch der Verwalter alleine mit sich selbst eine Eigentümerversammlung abhalten und Beschlüsse fassen.
Kann der Bevollmächtigte mit seinem Stimmrecht verfahren wie er will ?
Grundsätzlich ist zu unterscheiden:
1. Unbeschränkte Globalvollmacht
Eine Vollmacht kann unbegrenzt erteilt werden und dem Bevollmächtigten wird keine besondere Stimmrechtsweisung erteilt. In diesen Fällen kann der Bevollmächtigte eine Stimme für den Vollmachtsgeber nach bestem Wissen und Gewissen und eigener Ermessensausübung abgeben.
2. weisungsgebundene Globalvollmacht
Daneben gibt es die Möglichkeit, dem bevollmächtigten Miteigentümer eine General-Stimmrechtsvollmacht zu erteilen, ihm aber intern Weisungen mit auf den Weg zu geben. Der Bevollmächtigte würde in einem solchen Fall die nach außen hin unbegrenzt wirkende Vollmachtsurkunde dem Verwalter zeigen und könnte damit die Stimme des Vollmachtgebers ausüben. Allerdings bleibt er intern gegenüber dem Vollmachtgebers weisungsgebunden. Zwar kann er nach außen eine wirksame Stimme gegen die Weisung des Vollmachtgebers abgeben. Diese Stimme würde auch bei der Abstimmung zählen. Der Bevollmächtigte würde aber dennoch intern gegen die Vorgaben des Vollmachtgebers verstoßen.
3. ausübungsgebundene Vollmacht
Schließlich besteht auch die Möglichkeit, die Weisungen des Vollmachtgebers in die Vollmachtsurkunde aufzunehmen. In diesem Fall liegt die Weisung des Vollmachtsgebers für Jedermann offen. Die Vollmacht muss dann für jeden anberaumten Tagesordnungspunkt die Stimmrechtsausübung mitteilen. Soll beispielsweise einer vom Verwalter vorbereiteten Jahresabrechnung zugestimmt werden, so könnte die weisungdgebundenen Vollmacht wie folgt formuliert und gestaltet werden:
Vollmachtsformularkostenlos
VOLLMACHT
für die Eigentümerversammlung
-Vollmachtgeber-
bevollmächtige
-Bevollmächtigter-
mich in der genannten Eigentümerversammlung zu vertreten. Dabei
Eine solche Vollmacht kann von einem Verwalter vorbereitet werden. Zur Vermeidung von Unklarheiten sollte bereits die Ladung zur Eigentümerversammlung klare und eindeutig vorformulierte Beschlussvorschläge enthalten. Die vom Verwalter sorfältig vorbereitete Jahresabrechnung und der Wirtschaftsplan sollten jeweils ein eindeutiges Datum enthalten, unter dem sie eindeutig identifiziert werden können. Damit soll sichergesetellt werden, dass etwa vorab ausgedruckte Abrechnungsentwürfe oder spätere Überarbeitungen von der endgültig beschlossenen Version zu unterscheiden sind.
Mit einer nach diesem Muster vorbereiteten Vollmacht kann z.B. ein Verwalter eine "Versammlung" ganz alleine abhalten und mit Hilfe der Vollmachten Beschlüsse fassen und verkünden.